Jetzt anrufen unter

0931 32 10 10

zwangshaft-arbeitszeugnis

Zwangshaft wegen fehlerhafter Arbeitszeugnisse?

Die Erstellung eines Arbeitszeugnisses ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die große Sorgfalt erfordert. Von der Anrede bis zur Schlussformel müssen alle Elemente sorgfältig durchdacht sein, um Missverständnisse oder rechtliche Probleme zu vermeiden. Aufgrund dieser erforderlichen Präzision ist es mittlerweile üblich, dass Arbeitnehmer den Entwurf ihres Zeugnisses selbst verfassen und dem Arbeitgeber zur Prüfung und Unterzeichnung vorlegen. Besonders in Fällen, in denen ein Rechtsstreit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Vergleich beendet wird, basiert das Arbeitszeugnis häufig auf einem vom (ehemaligen) Arbeitnehmer vorformulierten Text. Diese Praxis führte auch in einem vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 28.11.2023 – Az. 26 Ta 1198/23) verhandelten Fall zu einem Rechtsstreit, bei dem die Unzufriedenheit des Zeugnisausstellers mit dem vorgelegten Entwurf weitreichende Konsequenzen hatte.

Ein Vergleich, zwei fehlerhafte Zeugnisse und die Folgen

Im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer Arbeitnehmerin wurde ein Vergleich geschlossen. Inhaltlich umfasste dieser Vergleich unter anderem eine Zeugnisklausel, in der festgehalten wurde, dass die Arbeitnehmerin berechtigt ist, ihrem ehemaligen Arbeitgeber einen Zeugnisentwurf vorzulegen, von dem nur aus wichtigem Grund abgewichen werden durfte. Die Rechtsanwältin der ehemaligen Angestellten übersandte daraufhin einen Zeugnisentwurf an den Arbeitgeber.

Das erste Zeugnis, das vom Geschäftsführer des Arbeitgebers verfasst wurde, übernahm den von der Klägerin gewünschten Text. Allerdings unterschrieb der Geschäftsführer das Zeugnis mit dem Zusatz „i.A. des Arbeitsgerichts“ und der Anmerkung, dass das Zeugnis von der Rechtsanwältin der Klägerin erstellt worden sei. Zudem fiel auf, dass das Zeugnis nicht auf dem üblichen Firmenbriefpapier, sondern auf einfachem weißem DIN-A4-Papier gedruckt war. Auch das Datum wich von der Vereinbarung ab. Über die Relevanz der äußeren Form des Arbeitszeugnisses berichteten wir bereits in diesem Artikel.

Der Geschäftsführer verwies schließlich auf ein zweites von ihm erstelltes Arbeitszeugnis, das jedoch ebenfalls nicht den Vereinbarungen des geschlossenen Vergleichs entsprach. Dieses war erneut falsch datiert, wurde auf weißem Papier übersandt und lediglich mit einem Firmenstempel versehen. Die Bemerkung „i.A. des Arbeitsgerichts“ wurde jedoch entfernt.

Das Gericht kam deshalb zu dem Schluss, dass keines der ausgestellten Arbeitszeugnisse ordnungsgemäß war und der Geschäftsführer des Arbeitgebers somit seinen Verpflichtungen aus dem Vergleich nicht nachgekommen ist. Infolgedessen wurde ein Zwangsgeld und ersatzweise eine mehrtägige Zwangshaft angeordnet.

Ein ordnungsgemäßes Arbeitszeugnis nach Meinung des Gerichts

Das LAG bemängelte insbesondere, dass für die Erstellung der Arbeitszeugnisse nicht das Briefpapier des Arbeitgebers verwendet wurde. Dies sei erforderlich, da der Arbeitgeber über Firmenbriefbögen verfüge und diese im Geschäftsverkehr auch nutze. Diese Entscheidung ist keine Neuerung im Arbeitsrecht, sondern bestätigt lediglich ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus den 1990er Jahren. Hieran können sich Zeugnisaussteller auch in Zukunft orientieren.

Das Gericht stellte zudem klar, dass Anmerkungen wie „i.A. des Arbeitsgerichts“ oder „(Zeugnis erstellt durch Rechtsanwältin)“ unzulässig sind, da sie den Eindruck erwecken könnten, der Aussteller distanziere sich vom Inhalt des Zeugnisses. Der Geschäftsführer argumentierte, er wolle das Urheberrecht der Verfasserin des Zeugnisentwurfs nicht verletzen, doch das Gericht wies diese Argumentation als haltlos zurück. Zwar darf ein Arbeitnehmer einen Zeugnisentwurf vorlegen, aber der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, diesen ungeprüft und unverändert zu übernehmen. Abweichungen vom Entwurf aus wichtigem Grund sind zulässig und sogar notwendig. 

Auch das ursprünglich auf den Beendigungstermin des Arbeitsverhältnisses vereinbarte Datum, wurde in keinem der Zeugnisse verwendet. Der Geschäftsführer erklärte, er habe die Rückdatierung aus Sorge vor einer möglichen Urkundenfälschung unterlassen. Hier gilt jedoch, dass das Datum dem Tag der Beendigung entsprechen muss, wie dies auch im Vergleich vereinbart war. Regelmäßig entspricht das Datum der Erteilung eines Zeugnisses dem Datum des letzten Tages des Arbeitsverhältnisses. Weder das erste noch das zweite Arbeitszeugnis entsprachen somit den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Zeugnis.

Fazit

Zeugnisausstellern ist zu empfehlen, den durch das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vorgegebenen Leitsätzen in Zukunft strikt zu folgen. Zum einen sollten Arbeitszeugnisse stets auf Firmenbriefpapier erstellt werden, sofern dies im Geschäftsverkehr des Arbeitsgebers üblich ist. 

Ebenso sollten sich die Parteien stets an die Vereinbarungen eines Vergleichs halten. Andernfalls besteht die Gefahr, sich Maßnahmen der Zwangsvollstreckung auszusetzen.

Aber können Arbeitgeber nun wirklich wegen eines nicht ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitszeugnisses ins Gefängnis kommen? 

Die Androhung von Zwangsvollstreckung, einschließlich Zwangsgeld oder Zwangshaft, ist eine reale Möglichkeit, wenn eine der Parteien eines Vergleichs ihren Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Wahl zwischen Zwangsgeld oder Zwangshaft liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. In der Praxis wird jedoch in der Regel zunächst ein Zwangsgeld verhängt. Wenn sich der Betroffene weiterhin weigert, den Aufforderungen des Gerichts Folge zu leisten, wird auf die Zwangshaft als Beugemittel zurückgegriffen. Es ist jedoch möglich, dass die Klauseln eines Vergleichs zu vage formuliert sind, um vollstreckbar zu sein. 

Sollten Sie Unterstützung bei der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses oder bei der Verhandlung eines Vergleichs benötigen, stehen Ihnen die Rechtsanwälte Wagner + Gräf jederzeit gerne zur Verfügung.

Ein Beitrag von Antonia Obert, juristische Mitarbeiterin unserer Kanzlei, und Dieter Gräf, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Autorin
Antonia Obert

Juristische Mitarbeiterin

Antonia Obert

Juristische Mitarbeiterin

Ansprechpartner
Dieter Gräf - Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für
Arbeitsrecht

Dieter Gräf - Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für
Arbeitsrecht

Kontakt

0931 321010
Theaterstraße 1
97070 Würzburg