Teilzeitbeschäftigung in Deutschland – Ein Überblick
Laut Statistischem Bundesamt arbeiteten 2023 in Deutschland 31 % der Angestellten in Teilzeit. Besonders auffällig, jede zweite Frau ist teilzeitbeschäftigt. Die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Dieser Trend zeigt die wachsende Bedeutung von Teilzeitbeschäftigung für den Arbeitsmarkt. Gesetzlich sind Teilzeitkräfte durch § 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geschützt, der eine Diskriminierung aufgrund der reduzierten Arbeitszeit untersagt. Mit seinem Urteil vom 05.12.2024 – 8 AZR 370/20 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass eine sogenannte „Vollzeitquote“ Teilzeitbeschäftigte benachteiligt und unzulässig ist.
Der Fall vor dem BAG
Die Klägerin war bei der Beklagten als Pflegekraft in Teilzeit angestellt. Der geltende Tarifvertrag sah Zuschläge für Überstunden nur dann vor, wenn die monatliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wurde. Die Klägerin verlangte jedoch auch einen Zuschlag für Mehrarbeit, die über ihre individuelle Teilzeitarbeitszeit hinausging. Zudem machte sie eine mittelbare Diskriminierung geltend, da 90 % der Teilzeitkräfte in dem Unternehmen Frauen waren. Sie forderte neben der Zahlung von Zuschlägen eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, da sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden sei.
Überstundenregelung: Unzulässige Benachteiligung von Teilzeitkräften
Das BAG stellte fest, dass eine Überstundenregelung, die auf die Arbeitszeit eines Vollzeitvertrags abstellt, Teilzeitkräfte diskriminiert. Die Grenzen für die Zuschläge von Überstunden müssen proportional für Teilzeitbeschäftigte angepasst werden. Eine Regelung, die Mehrarbeit unterhalb der Vollzeitgrenze nicht berücksichtigt, benachteiligt Teilzeitbeschäftigte. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung ist nicht gegeben.
Mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts
Da 90 % der Teilzeitkräfte im Unternehmen Frauen waren, sah das BAG außerdem eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts als gegeben an. Das BAG sprach der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 250,00 € zu. Dieser Betrag ist geeignet, den immateriellen Schaden auszugleichen und eine abschreckende Wirkung gegenüber der Beklagten zu erzielen. Ursprünglich hatte die Klägerin 3 Bruttomonatsgehälter als Entschädigungssumme beantragt.
Fazit: Fairness für Teilzeitbeschäftigte gestärkt
Mit diesem Urteil hat das BAG die Rechte von Teilzeitbeschäftigten gestärkt. Überstundenzuschläge dürfen nicht an eine Vollzeitquote gekoppelt sein, sondern müssen anteilig auch für Teilzeitkräfte gelten. Arbeitgeber sollten ihre bestehenden Regelungen überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um Diskriminierungen zu vermeiden. Teilzeitkräfte sollten ihre Arbeitsverträge auf mögliche Benachteiligungen hin prüfen bzw. überprüfen lassen.
Für Fragen zu Überstundenregelungen in Teilzeitarbeitsverhältnissen stehen Ihnen die Rechtsanwälte Wagner + Gräf jederzeit zur Verfügung.
Ein Beitrag von Moritz Schulte, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht.