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Betriebsübergang

Ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB liegt dann vor, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Inhaber durch Rechtsgeschäft übergeht.

Die Bejahung der Anwendbarkeit des § 613a BGB und damit eines Betriebsübergangs hat zur Folge, dass die betroffenen Arbeitnehmer gem. § 613a Abs. 5 BGB unter Hinweis auf ihr Widerspruchsrecht und die einmonatige Widerspruchsfrist (§ 613a Abs. 6 BGB) von diesem Betriebsübergang – mindestens in Textform und mit den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalten – unterrichtet werden müssen. Der Erwerber des Betriebs tritt bei einem Betriebsübergang gem. § 613a BGB dann in die volle Rechtsstellung des bisherigen Arbeitgebers ein und hat alle Rechte und Pflichten aus den übergehenden Arbeitsverhältnissen, einschließlich des sozialen Besitzstandes der übernommenen Arbeitnehmer, zu wahren. Der Erwerber hat dann auch für eine etwaige betriebliche Altersversorgung einzustehen und diese fortzuführen.

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen im übergehenden Betrieb gelten – soweit sie nicht durch eigene Tarifverträge des Erwerbers abgelöst werden – gem. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB als Inhalte der jeweiligen, individuellen Arbeitsverträge weiter.

Unterbliebe eine ordnungsgemäße Unterrichtung der betroffenen Arbeitnehmer, wenn man bspw. irrtümlich von keinem Betriebsübergang gem. § 613a BGB ausgeht, so können die betroffenen Arbeitnehmer noch nach Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist nach § 613a BGB jederzeit – innerhalb des Rahmens der von der Rechtsprechung erarbeiteten Grenzen der Verwirkung des Widerspruchsrechts – einem Betriebsübergang widersprechen, mit der Folge, dass dann das jeweilige Arbeitsverhältnis nicht als übergegangen gilt, sondern als beim bisherigen Arbeitgeber fortbestehend behandelt wird. Für die zeitliche Grenze der Verwirkung hat die Rechtsprechung keine starren Zeiträume festgelegt, sieht aber aktuell die Höchstdauer des Zeitraums, in dem noch mit Widersprüchen bei fehlerhafter oder unterlassener Unterrichtung gerechnet werden muss, bei 7 Jahren (vgl. BAG, Urteil vom 24.08.2017, 8 AZR 265/16). 

Im Rahmen der Prüfung der Anwendbarkeit des § 613a BGB wird nicht auf den traditionellen, arbeitsrechtlichen Begriff des Betriebes abgestellt, sondern unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf das Vorliegen einer „wirtschaftlichen Einheit“.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) folgt seit langer Zeit der Auffassung des EuGH in Bezug auf die Zugrundelegung des Begriffs „wirtschaftliche Einheit“ als eine der maßgeblichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Betriebsübergangs. Bei einem Betriebsübergang soll der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit erfasst werden. Maßgeblich soll sein, dass nach der Übertragung einer abgrenzbaren Einheit die dort bislang geleistete Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgeführt wird.

Der vom EuGH zugrunde gelegte Begriff der wirtschaftlichen Einheit ist dabei auf Basis verschiedener Kriterien im Wege einer Gesamtbetrachtung zu konkretisieren. Nach Auffassung des EuGH sind sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnende Tatsachen zu berücksichtigen. Dazu gehören namentlich die Art des betroffenen Unternehmens oder Betriebes, der Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva wie Gebäude, bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang oder Nichtübergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor oder nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. 

All diese Umstände sind Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden, so die ständige Rechtsprechung des EuGH. Das BAG hat sich der Rechtsprechung des EuGH angeschlossen. Nach der Rechtsprechung ergibt sich die Identität einer Einheit auch aus den anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. 

In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung ihrer Identität ist dann anzunehmen, wenn der Betriebsinhaber nicht nur die betriebliche Tätigkeit weiterführt, sondern einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt. 

Auf diesen Grundlagen der Rechtsprechung erfolgt in der Praxis die Prüfung nach Einzelkriterien (7- Punkte Katalog). Diese einzelnen Kriterien sind:

  • Art des Unternehmens
  • Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva
  • Wert der immateriellen Aktiva
  • Übernahme oder Nichtübernahme der Arbeitnehmer/innen
  • Übernahme oder Nichtübernahme der Kundschaft
  • Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach der Übernahme
  • Dauer der Unterbrechung der Geschäftstätigkeit

Von diesen 7 Punkten müssen nicht alle einschlägig sein, damit ein Betriebsübergang angenommen wird. Auf Basis dieser Punkte erfolgt aber, wie oben dargestellt, eine wertende Gesamtbetrachtung. Es gibt dabei Fälle, in denen bereits die Bejahung von einem der genannten Punkte zur Annahme eines Betriebsübergangs führen kann (bspw. bei Dienstleistern die Übernahme des Personals, bei einem Hotel der Erwerb des Gebäudes etc.).

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