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Homeoffice

Homeoffice-Widerruf und Versetzung 500 km entfernt – unzulässig?

Versetzung an 500 km entfernten Arbeitsplatz nach Homeoffice-Widerruf: Unzulässig?

Seit der Corona-Pandemie hat das Arbeiten im Homeoffice einen festen Platz in der modernen Arbeitswelt gefunden. Viele Arbeitnehmer schätzen die damit verbundene Flexibilität, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Einsparung von Zeit und Kosten. Doch nicht jeder Arbeitgeber steht dieser Arbeitsform positiv gegenüber. Mitunter kommt es zu Konflikten, wenn bestehende Homeoffice-Regelungen widerrufen werden – wie in dem Sachverhalt, den das Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln mit Urteil vom 11.07.2024 – 6 Sa 579/23 entschieden hat. Dabei ging es um den Widerruf einer Homeoffice-Vereinbarung und eine Versetzung an einen 500 km entfernten Standort. Das Gericht entschied zugunsten des Arbeitnehmers und erklärte sowohl den Widerruf als auch die Versetzung für unzulässig.

Der Fall vor dem LAG Köln

Der Kläger war seit 2017 als Projektmanager bei der Beklagten tätig. In den letzten 3 Jahren erbrachte er seine Arbeitsleistung mit Einverständnis der Beklagten fast ausschließlich aus dem Homeoffice oder direkt bei Kunden.

Nach der Schließung des ursprünglichen Betriebsstandorts wollte die Beklagte den Kläger jedoch an einen neuen Standort versetzen, der 500 km von seinem Wohnort entfernt liegt. Die Erlaubnis, im Homeoffice zu arbeiten, wurde widerrufen. Hilfsweise wurde eine sogenannte Änderungskündigung ausgesprochen. Diese sah vor, dass der Kläger an dem 500 km entfernten Standort weiterbeschäftigt wird.

Der Kläger widersprach sowohl der Versetzung als auch der Änderungskündigung und klagte vor Gericht – mit Erfolg.

Versetzung und Änderungskündigung entsprechen nicht dem billigen Ermessen

Arbeitgeber dürfen gemäß § 106 der Gewerbeordnung (GewO) den Arbeitsort ihrer Arbeitnehmer bestimmen. Dieses Direktionsrecht hat jedoch klare Grenzen. Die Entscheidung des Arbeitgebers muss billigem Ermessen entsprechen und die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen.

Das LAG Köln sah in der Versetzung an den 500 km entfernten Standort eine Überschreitung des billigen Ermessens. Der Kläger war über Jahre in seinem sozialen und familiären Umfeld verwurzelt. Die Beklagte konnte keine triftigen Gründe vorbringen, warum der Kläger seine Tätigkeit nicht weiterhin von zu Hause aus ausüben können sollte.

Die hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung war ebenfalls unwirksam. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte keine dringenden betrieblichen Erfordernisse vorbringen konnte, die die Versetzung an den entfernten Standort rechtfertigten.

Das Gericht ging außerdem auf den Widerruf der bestehenden Homeoffice-Vereinbarung ein. Hier wurde festgestellt, dass der Widerruf durch eine unternehmerische Organisationsentscheidung gerechtfertigt werden kann. Eine solche wurde vorliegend jedoch nicht von der Beklagten dargelegt.

Fazit: Rechte von Arbeitnehmern und Pflichten von Arbeitgebern

Mit seiner Entscheidung hat das LAG Köln klare Grenzen für den Widerruf von Homeoffice-Regelungen und die Versetzung an weit entfernte Arbeitsorte gesetzt. Arbeitgeber können Homeoffice-Vereinbarungen nicht ohne stichhaltige betriebliche Gründe widerrufen und müssen bei Versetzungen die persönlichen und familiären Interessen der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigen. Will sich der Arbeitgeber vertraglich einen Widerruf des Homeoffice vorbehalten, muss die Klausel einer AGB-Kontrolle standhalten.

Das Urteil des LAG Köln verdeutlicht, dass Arbeitgeber bei der Ausübung ihres Direktionsrechts sorgfältig abwägen müssen, um arbeitsrechtliche Konflikte zu vermeiden. Arbeitnehmer wiederum sollten ihre Rechte kennen und sich bei Bedarf gegen unbillige Maßnahmen zur Wehr setzen.

Für alle Fragen rund um das Thema Homeoffice und Direktionsrecht stehen Ihnen die Rechtsanwälte Wagner + Gräf jederzeit zur Verfügung.

Ein Beitrag von Moritz Schulte, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht.

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