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Kündigung eines Arbeitsverhältnisses – Zurückweisung der Kündigung – § 174 BGB als scharfes Schwert

Im Arbeitsrecht kann das Zurückweisungsrecht nach § 174 BGB eine entscheidende Rolle spielen, besonders im Kontext von Kündigungen. Diese Vorschrift betrifft Sachverhalte, in denen ein Bevollmächtigter ein einseitiges Rechtsgeschäft – beispielsweise eine Kündigung – ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde durchführt. Kündigungen oder sonstige Erklärungen des Arbeitgebers werden häufig durch Bevollmächtigte abgegeben. Die Kenntnis vorgenannter Regelung ist aufgrund der möglichen Konsequenzen für beide Parteien – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – daher von großer Bedeutung. Die Rechtsprechung zeigt, dass § 174 BGB nach wie vor aktuell ist und bleibt.

Vertretung bei Kündigung von Arbeitsverträgen; Rolle und Pflichten des Stellvertreters

Grundsätzlich können sich sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber bei Ausspruch einer Kündigung durch einen Stellvertreter vertreten lassen. Die Stellvertretung findet bei Kündigungen in der Praxis überwiegend auf Arbeitgeberseite statt, insbesondere bei größeren Unternehmen. Eine solche Vertretung erfolgt dort oft durch Personalleiter, die Kündigungen im Namen des Arbeitgebers erklären. Gemäß § 164 Abs. 1 BGB wirkt eine solche im Namen des vertretenen Arbeitgebers abgegebene Willenserklärung dann unmittelbar für und gegen den Arbeitgeber. Ein „einfacher“, nicht mit Personalleiterbefugnis ausgestatteter Mitarbeiter, der eine Kündigung ausspricht, muss dies in eigener Verantwortung und mit einer klar ersichtlichen Vertretungsbefugnis für den Arbeitgeber tun, wobei in diesem Fall dann eine auf die Kündigung bezugnehmende, explizite schriftliche Vollmacht vorliegen und der Kündigung beigefügt sein muss. Die bloße Unterzeichnung und Übermittlung einer Kündigung im Namen eines anderen, wie beispielsweise lediglich durch die Angabe „im Auftrag“, reicht hierfür regelmäßig nicht aus.

Besondere Bedeutung des Zurückweisungsrechts bei Kündigungen

Im Kontext von Kündigungen gewinnt § 174 BGB besondere Bedeutung. Wird eine Kündigung durch einen Bevollmächtigten ausgesprochen, ohne dass eine vom Arbeitgeber im Original unterzeichnete Vollmachtsurkunde beigefügt ist, kann der Arbeitnehmer diese Kündigung zurückweisen, was die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hat, wenn die Zurückweisung unverzüglich – spätestens innerhalb 1 Woche ab Zugang der Kündigung – erfolgt. Die Zurückweisung der Kündigung kann gravierende Konsequenzen haben, da eine nachträgliche Vorlage der Vollmachtsurkunde die Unwirksamkeit der Kündigung nicht heilen kann. Stattdessen müsste eine neue Kündigung ausgesprochen werden. Dies ist besonders kritisch bei außerordentlichen fristlosen Kündigungen, bei denen dann die möglicherweise verstrichene 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB der Wirksamkeit einer erneuten außerordentlichen fristlosen Kündigung entgegenstehen kann. Ist die 2-Wochen-Frist zum Zeitpunkt der Zurückweisung bereits abgelaufen, ist eine erneute außerordentliche fristlose Kündigung, die auf denselben Kündigungsgrund gestützt werden soll, nicht mehr möglich. Der Arbeitgeber kann dann nur noch eine ordentliche Kündigung aussprechen.

Ausschluss der Zurückweisung bei Kenntnis

Die Zurückweisung der Kündigung ist gemäß § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer zuvor über die Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber jemanden in eine Position mit Kündigungsbefugnis, wie zum Beispiel in die Position eines Prokuristen oder Personalleiters, beruft und der Arbeitnehmer hierüber in Kenntnis gesetzt wurde. Die bloße „interne“ Übertragung der entsprechenden Funktion reicht nicht aus; die Information über die Erteilung einer Prokura oder die Übertragung der Funktion des Personalleiters muss vielmehr explizit erfolgt sein. Bei Gesamtprokuristen ist zusätzliche Vorsicht geboten. 

Risiken; Empfehlungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Werden im konkreten Fall die Voraussetzungen des § 174 BGB nicht beachtet, besteht das Risiko, dass Kündigungen zurückgewiesen werden. Arbeitgeber sollten bei Ausspruch einer Kündigung durch einen Vertreter daher stets eine schriftliche Vollmachtsurkunde beifügen oder sicherstellen, dass der Arbeitnehmer über die Bevollmächtigung des Stellvertreters informiert ist. Die Vollmachtsurkunde muss dabei zwingend im Original beigefügt werden, eine Kopie reicht nicht aus. 

Insbesondere Arbeitnehmer – aber auch Arbeitgeber – sollten sich der Möglichkeit der Zurückweisung bewusst sein und sie im Falle einer fehlenden oder nicht formgerechten Vollmachtsurkunde nutzen. Wichtig ist dabei, wie bereits ausgeführt, die Unverzüglichkeit der Zurückweisung, in der Regel also die Zurückweisung innerhalb einer Frist von 1 Woche nach Kenntnisnahme. Die Zurückweisung einer Kündigung kann in der Regel mündlich, schriftlich oder auch in Textform erfolgen. Darauf zu achten ist, dass der Zeitpunkt des Eingangs der Zurückweisungserklärung nachgewiesen werden können muss. Hierbei ist die Übermittlung der Zurückweisungserklärung per Boten zu empfehlen. Sicherzustellen ist, dass bei Abgabe der Zurückweisungserklärung durch einen Vertreter, wie beispielsweise durch einen Rechtsanwalt, der Zurückweisungserklärung dann ebenfalls eine formgerechte Vollmacht beifügt sein sollte, da ansonsten die Zurückweisung selbst wieder zurückgewiesen werden könnte. Dies deshalb, da sowohl eine Kündigung als auch deren Zurückweisung nach § 174 BGB als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen anzusehen sind. Zur Schriftform im Arbeitsrecht siehe im Übrigen auch unseren Blog-Beitrag vom 01.09.2023.

Fazit

Das Zurückweisungsrecht gemäß § 174 BGB kann bei Ausspruch einer Kündigung und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen als „scharfes Schwert“ angesehen werden, dessen Bedeutung weder arbeitgeberseits noch arbeitnehmerseits unterschätzt werden sollte. Die korrekte Handhabung des Zurückweisungsrechts kann entscheidend für die Wirksamkeit von Kündigungen sein und erfordert von beiden Seiten Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und große Sorgfalt.

Ein Beitrag von Lena Müller, juristische Mitarbeiterin unserer Kanzlei, und Dieter Gräf, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Für weitergehende Informationen betreffend das Zurückweisungsrecht, insbesondere nach Erhalt oder vor Ausspruch einer Kündigung, stehen wir, die Rechtsanwälte Wagner + Gräf, Ihnen gerne zur Verfügung. 

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